4. SONNTAG der Osterzeit
Evangelium nach Johannes (10,27-30):
Was macht uns eigentlich zu Christen? Dass wir uns an die 10 Gebote halten (tun auch andere)? Dass wir jeden Sonntag in die Kirche gehen, Fastenvorschriften berücksichtigen, Feste im Kirchenjahr (Weihnachten, Ostern, Pfingsten...) feiern? In einer Bibelrunde waren wir uns darüber einig: Ob wir wirklich Christen sind, hängt an erster Stelle davon ab, wie stark und intensiv unsere Beziehung zu Jesus Christus ist. Und wenn diese Beziehung wirklich lebendig und stark ist, dann werden wir uns auch an die Gebote halten, in die Kirche gehen, kirchliche Feste feiern usw.
Auch die Christen des Evangelisten Johannes haben sich mit dieser Frage auseinandergesetzt und Johannes versucht nun - in einer bildreichen Sprache - darauf eine Antwort zu geben. Dazu nimmt er ein Bild aus dem damaligen Alltagsleben, das jeder kannte: Das Bild eines Hirten und sein Verhältnis zu seinen Schafen: Sie hören auf seine Stimme. Sie kennen seine Stimme und nur, wenn er ruft, setzen sie sich in Bewegung, nicht wenn ein Fremder ruft. Sie haben Vertrauen zum Hirten, denn er führt sie dorthin, wo sie das lebensnotwendige Essen und Trinken auf der Weide bekommen. Der Hirt kennt aber auch seine Schafe, jedes einzelne, sogar mit Namen. Er weiß wie es reagiert, wie alt es ist, wie gesund oder krank. Er sorgt sich um seine Schafe.
Im Alten Testament wird Gott selbst öfters als ein Hirt dargestellt, z.B. im Psalm 23: „Der HERR ist mein Hirt, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Meine Lebenskraft bringt er zurück. Er führt mich auf Pfaden der Gerechtigkeit, getreu seinem Namen. Auch wenn ich gehe im finsteren Tal, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir...“
Der Evangelist Johannes nimmt jetzt dieses harmonische Hirte-Schafe-Verhältnis, diese Lebensgemeinschaft, als Bild für unsere Beziehung zu Jesus. Christsein heißt in einer intensiven Beziehung zu Jesus leben, ein inniges Verhältnis zu ihm haben. Jesus zu folgen heißt: Auf ihn zugehen, auf seine „Stimme“ hören. Es gibt viele Stimmen in unserer Welt, die allerhand versprechen, über Wahrheiten und Wertigkeiten reden. Aber wenn ich höre, was Jesus sagt, klingelt es in mir: es spricht mich an, berührt mich, weckt Gefühle der Sehnsucht und der Freude, ich werde mit ihm immer mehr vertraut. Eine Vertrauensbeziehung entsteht, die immer weiter wachsen kann. Ich möchte nicht, dass diese Beziehung, diese innere Verbindung schwächer wird oder sogar aufhört. Ich kümmere mich, ich pflege diese Beziehung, indem ich mich mit Jesus auseinandersetze, seine Worte ernst nehme, versuche das zu praktizieren, was er sagt.
Und warum tue ich das? Weil Jesus in meinen Augen glaubwürdig ist. Was er sagt und tut stimmt überein. Und er hat ein unglaublich inniges Verhältnis zu Gott. Er sagt sogar: „Ich und der Vater sind eins.“ Von Jesus kann ich lernen, wer Gott ist und wie Gott zu uns steht. Woanders sagt Jesus: "Ich bin gekommen, damit sei das Leben haben und es in Fülle haben." Wer auf ihn hört, wird leben, wird niemals zu Grunde gehen.
Jesus verspricht etwas, was sich jeder Mensch zutiefst ersehnt und wonach er im Grund genommen immer sucht: Ein Leben, das gelingt, ein „erfülltes“ Leben. Jeder Mensch wird getrieben durch ein Gefühl „unerfüllt“, „leer“ zu sein und sucht deswegen nach „Erfüllung“. Das wird dann auch oft „Glück“ genannt. Und hier und dort finden wir Momente des Glücks, der Erfüllung. Nur dauert das meistens nicht sehr lange, weil sich dann herausstellt, dass das, was einem „erfüllt“ schlussendlich doch nur relativ und beschränkt ist. Und schon bin ich wieder unterwegs, auf der Suche nach neuen Momenten der Erfüllung. Jesus will einen Weg weisen, der zur endgültigen Lebenserfüllung führt, zu einer endgültigen Verbundenheit mit Gott, die nicht mehr zerstört werden kann und deswegen „ewiges“ Leben genannt wird. Wer auf meine Stimme hört, wird ewig leben, wird endgültige Lebenserfüllung finden.
Deswegen glaube ich an Jesus. Deswegen möchte ich den Kontakt, diese innere Verbundenheit mit ihm nicht verlieren, und aus dieser Beziehung Kraft zum Leben schöpfen. Deswegen versuche ich als Christ, verbunden mit Jesus Christus, zu leben.